DENKBAR
Dämpfer für mehr Bürgerbeteiligung
Antrag der Grünen zu Finanzspritze für die „Denkbar“ abgelehnt
ISNY - Die Bestrebungen der Aktiven in der „Denkbar“, die Bürgerbeteiligung in Isny an politischen Entscheidungen mittels eines Beraters und einem moderierten, später institutionalisierten Prozess zu beleben (SZ berichtete), haben am vergangenen Montag einen Dämpfer erhalten: Der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialausschuss lehnte mehrheitlich die Aufstockung einer Mitfinanzierung von 2000 Euro, wie sie im städtischen Haushalt 2020 vorgesehen ist, auf 5000 Euro ab.
Für den Antrag, den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht hatte und den auch die Stadtverwaltung befürwortete, stimmten lediglich die Stadträte Jürgen Ziegler (Grüne), Rainer Leuchtle (Freie Wähler; FW) und Bürgermeister Rainer Magenreuter. Grünen-Stadträtin Petra Eyssel nahm wegen Befangenheit nicht an der Abstimmung teil. Sie ist Vorsitzende der „Freunde der Appretur“, die aus den Aktivitäten der „Denkbar“ hervorgegangen sind.
Während Ziegler die Ratskollegen darum bat, den „Testballon für eine direkte Form der Demokratie mit 3000 Euro zu hinterlegen“, erinnerte Miriam Mayer (FW) an eine „Denkbar“- Liste für die Gemeinderatswahl nach dem Bürgerentscheid übers „Zumthor“, die auf wenig Resonanz gestoßen sei. Damals habe sie sich wie SPD-Ratskollege Wolf-Dieter Massoth engagiert, mittlerweile aber festgestellt: „Man kann als Gemeinderat was bewegen“.
Zu einem Informationstermin vor der Kommunalwahl 2019 sei „nur eine handvoll Bürger“ erschienen, weshalb sie sich frage, „ob es eine breite Legitimation für dieses Projekt gibt“. Ihr seien „die Ziele zu vage“, der Antrag der Grünen sei „nicht ganz stimmig“, die „Intentionen nicht ganz klar, ich glaube nicht an einen Erfolg“, fuhr Mayer fort.
Ähnlich äußerten sich CDU-Stadtrat Peter Manz („Wir sind gewählt, um im Sinne der Bürgerschaft Entscheidungen zu treffen.“) und Gebhard Mayer (FW), der anmerkte: „Wir sind eine kleine Stadt, wo der Weg zu den Volksvertretern kurz und menschlich ist.“ Gerade das Bürgerprojekt Appretur und das mit der Bevölkerung erarbeitete Fahrradkonzept in der Stadt seien Belege dafür, dass Bürgerbeteiligung in Isny sehr wohl funktioniere. Eine Institutionalisierung – wie im Grünen-Antrag beschrieben und von Hauptamtsleiter Frank Reubold nach einem Informationsbesuch in der oberbayerischen Gemeinde Weyarn unterstützt – führe laut Mayer zu „Bürokratie, die lähmt“.
Fraktionskollege Leuchtle räumte ein, ihm falle „schwer, für das Projekt zu sprechen“. Andererseits freue sich der Gemeinderat über Initiativen, unterstütze Vereine, wolle Demokratie von der Basis („die wahnsinnig anstrengend ist“), weshalb er sich mit „Modalitäten“, die den Gemeinderat „basisdemokratisch unterstützen“ anfreunden könne.
Am Montag, 20. Januar, trifft sich die „Denkbar“ um 20 Uhr im „Eberz“, um über die Gemeinderatsentscheidung zu beraten, Sprecher Christoph Eyssel klang nach der Ratssitzung alles andere als entmutigt.
17.01.2020 - Schwäbische Zeitung - Text von Tobias Schumacher
Neues Modell zur Bürgerbeteiligung
Bewerbung bei Förderfond Demokratie läuft – Gemeinderat gibt keine weiteren Mittel frei
ISNY - Christoph Eyssel und Peter Gutmair haben kürzlich den Isnyer Stadträten das von der „Denkbar" erarbeitete Konzept „Der Isnyer Weg" zur Bürgerbeteiligung vorgestellt. Der Antrag auf Erhöhung von Geldern aus dem städtischen Haushalt wurde vorerst auf Eis gelegt.
Die Mitglieder der Denkbar bringen sich seit ihrer Gründung vor zehn Jahren immer wieder mit Ideen und Wünschen in städtische Entscheidungsprozesse ein. Beispielsweise mit Vorschlägen zur Gestaltung des Marktplatzes, zum Thema Verkehr oder in einer Abspaltung der Gruppe zur Nutzung der Appretur. Eyssel betont, dass er es für wichtig hält, die Gemeinderäte schon sehr früh und intensiv über das Meinungsbild der Bürger zu informieren.
Dafür möchte er das Konzept „Isnyer Weg" entwickeln, das er in Ansätzen den Räten vorstellte. Am Beispiel der Bayrischen Gemeinde Weyarn, wo sich eine Abordnung aus Denkbar-Mitgliedern und der Stadtverwaltung deren Bürgerbeteiligungskonzept zeigen ließen (die Schwäbische Zeitung berichtete), orientiert sich das Isnyer Konzept.
Dass man das nicht eins zu eins übertragen könne, ist Eyssel klar. Gutmair ergänzt, „wir wollen für Isny ein eigenes Regelwerk erstellen". Im ersten Schritt solle ein Kernteam gebildet werden aus Mitgliedern der Stadtverwaltung, der Gemeinderäte und Bürgern. Hier stellt sich Eyssel einen „Moderator" vor, der die Entwicklung begleitet. Im zweiten Schritt sollen Arbeitskreise gebildet werden, die im dritten Schritt aktiv werden und die „Spielregeln" festlegen. Mit der Präsentation von Ergebnissen rechnet Eyssel 2020/21. Dann könnte die Umsetzung erster kleinerer Projekte starten.
Um diese Schritte anzugehen habe die Denkbar einen Antrag beim „Förderfond Demokratie" gestellt, der eine Höchstauszahlung pro Projekt von 5000 Euro vorsieht. Eine Bewilligung sei noch nicht eingegangen, aber in der kommenden Woche erwartet. Gemeinderätin Petra Eyssel (Grüne) stellte im Namen ihrer Fraktion den Antrag, den im Haushalt 2020 eingestellten Betrag von 2000 Euro für die Denkbar auf 5000 Euro aufzustocken. Gebhard Mayer (FW) erklärt, er habe erst noch Diskussionsbedarf, „bevor wir über Geld sprechen". Dem schließt sich auch Alexander Sochor (CDU) an, das Projekt sei sicher gut, „aber wir müssen genau schauen, wofür wir Geld ausgeben". Christoph Eyssel erklärt, „Qualifiziertes Personal für solch eine Moderation zu bekommen ist nicht einfach und kostet Geld. Wir können nur mit einer soliden Grundlage anfangen".
Bürgermeister Rainer Magenreuter ist der Meinung, dass es viele Arbeitskreise und das damit verbundene Engagement der Bürger in Isny schon gäbe, wie in Weyarn. Unterschied sei, dass es keine zentrale Anlaufstelle im Rathaus hätte – den sogenannten „Kümmerer". Gutmair entgegnet: „Wir wollen nicht das System Isny überstülpen, sondern das Engagement besser bündeln, wenn jemand das Bedürfnis hat sich zu engagieren". Grundsätzlich richtet Gebhard Mayer (FW) die Frage an das Denkbar-Duo, „was machen wir falsch, dass sich ihre Bewegung gegründet hat?" Claudia Müller (Grüne), sieht sehr wohl Bedarf für die neue Institution. Aus ihrer Erfahrung der letzten Jahre sähen sich Bürger nicht ernst genommen. Zum Abschluss vertagt Magenreuter die Entscheidung über eine Erhöhung von Haushaltsmitteln für die Denkbar nach dem Ergebnis des Förderfonds Demokratie.
11.12.2019 - Schwäbische Zeitung - Text und Foto von Jeanette Löschberger