Risse: Sachverständiger hat „frühestens in einem Jahr“ Zeit für die Beweissicherung
Schwerer Rückschlag für die „Freunde der Appretur e.V.“: Wie bereits berichtet, dürfen sie das Gebäude, das der Stadt gehört, aktuell nicht betreten. Die Aktiven des Bürgerprojekts um ihre Vorsitzende und neuen Grünen-Stadträtin Petra Eyssel haben sich auf die Fahnen geschrieben, das Industriedenkmal an der südlichen Stadtmauer neben dem Diebsturm wiederzubeleben. Mittlerweile ist aber unklarer denn je, wie es weitergeht. Denn das Betretungsverbot könnte länger als ein weiteres Jahr fortbestehen.
In einem Rundbrief, das der Verein im Frühsommer an seine laut eigenen Angaben 135 Mitglieder verschickt hat, war die Rede davon, „eine kleine Verzögerung hinnehmen“ zu müssen. Die Hiobsbotschaft, die sich hinter der Formulierung verbirgt, präzisiert Bauamtschef Claus Fehr diese Woche auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“: „Frühestens in einem Jahr“ werde ein „vom Gericht bestellter Sachverständiger“ Zeit finden um zu klären, warum sich in der Appretur und auch im angrenzenden Diebsturm und in der nahen Stadtmauer urplötzlich Risse aufgetan haben. Festgestellt wurden diese im Spätherbst 2018.
Als Ursache vermuten die „Freunde der Appretur“ wie auch die Stadtverwaltung die Bauarbeiten in der „Südlichen Altstadt“. Durch die Baugrube für die große Tiefgarage, aus der über viele Monate hinweg Grundwasser abgepumpt wurde, könnte sich – trotz einer Absicherung mit stählernen Spundwänden – das Erdreich unter Stadtmauer, Diebsturm und Appretur abgesenkt haben.
Bauamtschef Fehr bestätigt nun, dass die Angelegenheit „gerichtsanhängig“ ist. Und er ergänzt, dass auch die städtischen Erschließungsarbeiten in der Hofstatt während des „laufenden Verfahrens“ ruhen – zumindest mit einem Abstand von 20 Metern bis zur Stadtmauer. Heißt unter anderem: Der Fußweg, der vom Durchgang an der Appretur innerhalb und entlang der Stadtmauer bis zur Volksbank geplant ist, existiert erst einmal ebenso nur auf Papier wie das Straßenpflaster für den Durchgang vom Marktplatz zur Appretur.
Fehr erklärt, der Stadt sei gar nichts anderes übrig geblieben, als die Rissbildung anzuzeigen. Ein von ihr selbst beauftragtes Gutachten hätte vom Investor und Bauherrn in der „Südlichen Altstadt“, der Memminger „K+S Real Estate“, in Zweifel gezogen werden können, mit der Folge, dass sich das Verfahren noch länger hinziehen könnte.
Deshalb habe das Landgericht Ravensburg im Frühjahr einen Sachverständigen bestellt, der wegen Arbeitsauslastung aber signalisiert habe, sich um die Appretur „frühestens in einem Jahr“ kümmern zu können. Der Rechtsanwalt, der die Stadt Isny in der Angelegenheit vertritt, hat laut Fehr erklärt, dass solche Fristen „nicht unüblich“ seien. Der Strohhalm, an den der Bauamtschef seine Hoffnung klammert, dass es mit der „Beweissicherung“ doch etwas schneller gehen könnte: „Unser Rechtsanwalt bemüht sich derzeit, die Begutachtung zu beschleunigen.“
Nachdem die Risse im Herbst entdeckt worden waren, hatte die Stadtverwaltung in der Appretur Messpunkte und Markierungen anbringen lassen, um überprüfen zu können, ob die Gemäuer weiter „arbeiten“. Das ist laut Fehr nicht der Fall: „Wir lassen die Situation durch ein Vermessungsbüro beobachten, bislang gibt es keine weiteren Setzungen.“ Die Kosten dafür trägt im Moment die Stadt und damit der Steuerzahler, bis das Gericht Verantwortliche benennt.

Das Betretungsverbot für die „Freunde der Appretur“ sei sicherheitshalber ausgesprochen worden. Nicht etwa wegen Einsturzgefahr, sondern um sich keinen Manipulationsvorwürfen im laufenden Verfahren auszusetzen: „Wir wollen alles ausschließen, was uns zur Last gelegt werden könnte“, sagt Fehr.
Schwäbichen Zeitung – Ausgabe 13. September 2019 von Tobias Schumacher