Großes Interesse an Isnyer Geschichte und Kultur am „Internationalen Museumstag“
Das städtische Museum im Wassertor und die „Freunde der Appretur“ haben sich in Isny am bundesweiten „Tag des Museums“ beteiligt. Zum 41. Mal hatte der „Internationale Museumsrat ICOM“ zu diesem Tag eingeladen.
Nachdem das Museum am Mühlturm wegen Umzug geschlossen ist, wurde die Gelegenheit genutzt, das Museum im Wassertor neu zu arrangieren. „Die Ausstellungsexponate für die mühsame Flachsbearbeitung, über die Weberei bis zur Leintuchveredelung, die die Geschichte Isnys über Jahrhunderte geprägt haben, waren ja alle vorhanden, man hat sie nur nicht mehr wahrgenommen“, sagte Museumsleiterin Ute Seibold. Nun sind zwei Etagen im Wassertor damit neu gestaltet, die gelernte Weberin Stefanie Jakobi hat die Aufbauarbeiten professionell begleitet.

Von Mai bis Oktober wird im Wassertor-Museum jeden Samstag um 14 Uhr eine öffentliche Führung angeboten.
Hans Westhäuser, einer der „Museumsväter“, empfing die Besucher im Erdgeschoss, im „Gefängnis“ über dem Torbogen, und erklärte Malereien und Kritzeleien, die Gefangene seit dem Mittelalter hier hinterlassen haben. Etage zwei gehört nach wie vor der historischen Feuerwehr. Etage drei gibt nun Einblick in die Flachsbearbeitung mit damaligen Gerätschaften und anschaulichen Erklärungen. Der „vergessene“ Webstuhl aus dem Stadtmuseum wurde in Etage vier wieder funktionsfähig aufgebaut. Hier saß nun Weberin Jakobi aus dem Kreuzthal und wob aus Leinen und Baumwollfäden das Isnyer Geschirrhandtuch, das künftig für 25 Euro zu haben ist.
In der Appretur zog vor allem der Vortrag der Bauhistorikerin Karin Uetz viele Interessierte an.
Das ehemalige Industriegebäude macht genauso originäre Isnyer Geschichte sichtbar, gehört allerdings in eine Zeit, in der die Weberei am Webstuhl sich längst zur industriellen Fertigung weiterentwickelt hatte.

Mit dem Bau der Appretur in den 1830er-Jahren durch den Fabrikanten Springer, in der „Verzahnung“ mit der 400 Jahre älteren Stadtmauer, sei sie ein Teil des „Isny Oval“ geworden, betont Uetz. „Mit Mauer und Diebsturm bildet die Appretur eine konstruktiv, räumlich und erschließungstechnisch verknüpfte Baugruppe.“ So sei der Diebsturm ursprünglich nur in dessen Obergeschoss von der Stadtmauer aus zugänglich gewesen und von der Appretur-Seite aus auf Erdgeschossebene erst im 19. Jahrhundert. Die beiden Treppenhäuser in der Appretur seien 1832 und 1885 eingebaut worden im Zuge des beginnenden Ausbaus mit einfachen Arbeiterzimmern und kleinen Wohnungen. Der Durchbruch der Stadtmauer in Richtung Altstadt sei im Jahr 1871 erfolgt.
Die Besucher konnten mit der Bauhistorikerin durch das Treppenhaus am Diebsturm auf den Wehrgang der Stadtmauer und durch das mittlere Treppenhaus wieder hinuntergehen. Treppen, Treppengeländer, Türen und Türrahmen würden in ihrer Bauform weitgehend in die Mitte des 19. Jahrhunderts passen, erklärte Uetz. Ab dieser Zeit seien die ursprünglichen Produktionsräume zur Leinenveredelung sukzessive in Wohn- und Aufenthaltsräume umgebaut worden. Unklar sei allerdings, wie lange die oberste Etage unter dem Dach, die Altane, noch im Zusammenhang der Tuchproduktion benutzt wurde.
Zwei Änderungen der historischen Außengestalt seien zu nennen, erklärte Uetz: Wohl bald nach dem Zweiten Weltkrieg seien die halbrunden, bauzeitlichen Dachgauben abgenommen worden, und in den 1980er-Jahren seien die einst feingliedrigen Kreuzstockfenster durch moderne Verbundfenster ersetzt worden.
Die beiden Vorsitzenden des Vereins „Freunde der Appretur“, Petra Eyssel und Liane Menz, stellten den Besuchern in Aussicht, dass es demnächst weitere Informationen vom Landesamt für Denkmalschutz gibt.
Schwäbiche Zeitung – Ausgabe 19. Mai 2018 – Walter Schmid